Der folgende Beitrag stammt aus dem Jahr
2003. Damals war Herr Bültmann Leiter des Planungsamtes. Heute ist Herr Dr. Bradtke als Baudezernent zuständig. Haben sich Verwaltung und Ratsparteien weiter entwickelt? Oder versuchen sie immer noch, ein altes Konzept durchzusetzen, von dem man nach den Erfahrungen der vergangenen acht Jahre wohl kaum noch behaupten kann, es sei modern.
Am 19.09.2003 veröffentlichte die WAZ auf der Grundlage eines Interviews mit dem Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften, Christian Reetz, und dem Leiter des Planungsamts, Jochen Bültmann, einen Artikel unter der Überschrift:
“Stadtplaner: Discounter für Herbede ein Gewinn”
Mitgliedern des Bürgerkreises fiel folgendes auf:
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Behauptungen der Stadtverwaltung | Gegenargumente der Bürger |
“Bei den Kunden in Herbede besteht eine große Nachfrage nach günstigen Lebensmittelangeboten”. |
- Nagt Herbede Herbede am Hungertuch? Wir haben bereits zwei Discounter und einen Lebensmittel-supermarkt!
- Sind die Preise in Herbede zu hoch? Wer hat diese Behauptung untersucht?
- Wie wurden die „große Nachfrage“ festgestellt? Gibt es dazu Unter-suchungen?
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„Schon Gutachter Peter Berger von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) hat im Einzelhandelsgutachten aus dem Jahre 1999 (zuletzt konkretisiert im Jahre 2001) für Herbede einen großen Lebensmittelsupermarkt mit einer Verkaufsfläche bis zu 1200 Quadratmetern empfohlen.“ |
- Die einzige uns bekannte Strukturuntersuchung für Witten (von der GMA) wurde 1997 verfasst.
- Die GMA hat KEINEN großen Lebensmittelsupermarkt mit einer Verkaufsfläche bis zu 1.200 Quadratmetern empfohlen!
- Die GMA empfiehlt einen Gesamtzuwachs an Verkaufsflächen mit ca. 1.200 Quadratmetern, davon lediglich 700-800 Quadratmeter für einen Lebensmittelsupermarkt oder (!) für die Erweiterung eines vorhandenen Betriebes.
- Die übrigen Quadratmeter sollten „für einen attraktiven Branchenmix“ durch eine „behutsame Verdichtung“ der Geschäfts- und Dienstleistungsnutzung im unteren Teil der Meesmannstraße entstehen.
- Es ist richtig, dass bisher in Herbede von der Werbegemeinschaft kein Standortmarketing, unter Einbeziehung von Hausbesitzern, betrieben wurde. Die Stadt Witten sollte hier vielleicht Hilfestellung geben, statt das Problem durch Ansiedlung eines (dritten) Discounters zu lösen!
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Der Planungsamtsleiter geht davon aus, dass Herbede für die Kunden durch die Ansiedlung eines neuen Magneten mit weiteren 100 kostenlosen Parkplätzen attraktiver wird: “Die Kaufkraft wird stärker an den Stadtteil gebunden, abgeflossene Kaufkraft kann wieder zurück gewonnen werden.” |
- Die Stadt hat im Februar 2003 Parkautomaten in Herbede aufstellen lassen, obwohl sie beabsichtigte, das Grundstück an der Gerberstraße an einen Discounter zu verkaufen. Den Kaufkraftabfluss hat sie billigend in Kauf genommen und dem Discounter dadurch einen Wettbewerbsvorteil eingeräumt.
- Woher nimmt die Stadt Witten die Zuversicht, der Discounter werde seine privaten Parkplätze kostenlos für Langzeitparker zur Verfügung stellen, die dort parken und im Zentrum einkaufen?
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Die Kaufkraftbindung hat sich durch Aldi und andere SB-Märkte innerhalb von 10 Jahren verdoppelt. | Es fehlen Belege für diese Behauptung. |
Es ist Aufgabe der Stadt Witten für die Umsetzung des Einzelhandelskonzepts und für ein passendes Standortangebot zu sorgen. | Welches Einzelhandelskonzept ist damit gemeint? Gibt es ein aktuelles? Das Einzelhandelskonzept der GMA sieht eine Ausweitung des Versorgungszentrums über die Wittener Straße hinaus nicht vor. Sie scheint den Gutachtern “weder aus verkehrsplanerischer Sicht noch im Hinblick auf die dominierende Wohnnutzung realisierbar” |
Die Stadt kann nicht in den Wettbewerb eingreifen und Konkurrenzschutz im Interesse einzelner Geschäfte betreiben. | Genau das aber tut die Stadt - nur nicht für den ortsansässigen Facheinzelhandel, sondern zugunsten des Discounters (Parkscheinautomaten in der Meesmannstraße, Konzentration der empfohlenen Gesamtverkaufsfläche auf einen einzigen Standort, Ansiedlung des Discounters jenseits der “Barriere” Wittener Straße, entgegen der Empfehlung der GMA. |
Der Grundstücksverkauf hat einen “positiven Nebeneffekt”: Der Erlös fließt in die Konsolidierung des städtischen Haushalts. | Dies ist die einzige Aussage zum Thema Grundstücksverkauf an einen Discounter, der auf Anhieb zu verstehen ist, aber auch diese Behauptung ist nicht belegt: Es schließen sich hier weitere Fragen an, die die finanziellen und stadtplanerischen Folgen für Witten betreffen (Wie groß wird der Wertverlust für das direkt neben dem Discounter liegende Rathaus beziffert? Zahlt der Discounter Gewerbesteuern an Witten? Welche Einschränkungen ergeben sich für eine Gesamtkonzeption des Rathausviertels? Wer trägt die Kosten , z.B. für den dann notwendigen Kreisverkehr? Wann soll der Kreisverkehr entstehen? usw.) |
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