Samstag, 10. März 2012

Die Unbelehrbaren

Die CDU-Fraktion wird, wie zu erwarten war, dem Beschlussvorschlag der SPD zustimmen. Ihre Anträge für den ASU am 15.03.2012 liegen jetzt vor:
>>> Antrag 080212, Betreff: StärkungStadtteilzentrum Herbede - Gerberviertel
>>> Antrag 090212, Betreff: Grundstücke Gerberviertel

Die Argumente für die Verlagerung des Lebensmittelsupermarktes in das Gerberviertel entbehren jeder ernsthaften Grundlage

Der Beschlussvorschlag der SPD stützt sich auf die falsche Annahme, Edeka werde den Markt im Zentrum Herbedes schließen, falls es seine Verkaufsfläche (derzeit etwa 700 Quadratmeter) nicht auf über 1.200 Quadratmeter erweitern könne, was derzeit nur auf der Grundstücksfläche im Gerberviertel möglich ist.

Dies kann man als eine bewusste Täuschung der Bürger ansehen, die zum großen Teil auch heute noch davon überzeugt sind, dass Edeka den Supermarkt in Herbede Ende 2012 schließen werde. Diese Meldung war Ende 2011 über die örtliche Presse lanciert worden.

Im Januar 2012 hat die Firma Edeka den Fraktionen mitgeteilt, dass sie den Mietvertrag mit dem Vermieter verlängern und den Standort in der Meesmannstraße nicht aufgeben werde. Beide großen Fraktionen in Witten haben die Öffentlichkeit nicht darüber informiert.

Die Schließungsankündigung der Firma Edeka vom November 2011 hatte nach Ansicht von gut informierten Kreisen ausschließlich taktische Gründe, die in der Bevölkerung entfachten Sorgen, den Vollsortimenter zu verlieren, ebenfalls.  Wir haben mehrfach, auch in der örtlichen Presse, darüber berichtet, zuletzt am 01.03.2012:
>>> ASU 15.03.2012: SPD geht weiter von falscher Annahme aus

Die CDU und die "Universitätsstadt Witten"

Das Gutachten von Stadt+Handel (1) bietet in Verbindung mit den neuesten Erkenntnissen integrierter Stadtentwicklung für jeden gut gebildeten und analytisch denkenden Menschen genügend Ansatzpunkte, um auf dieser Grundlage ein für Herbede angemessenes Stadtteilentwicklungskonzept zu erarbeiten. Aber die CDU lehnt das Gutachten von Stadt+Handel pauschal ab, sie hat Bedenken, ohne diese zu begründen. Eine Bürgerversammlung mit den Gutachtern von Stadt+Handel zu diesem Thema wurden von der CDU und auch der SPD boykottiert, beide trauten sich nicht, sich der Diskussion mit den Bürgern zu stellen. (>>> Ergebnis der Info-Veranstaltung am 26.10.2011: Weiterentwicklung des Zentrums)

Was uns an der Haltung der CDU-Fraktion besonders ärgert und zugleich belustigt, ist, dass ausgerechnet die CDU-Fraktion die Ortseingangsschilder Witten mit dem Namenszusatz "Universitätsstadt" versehen will.

Ein Blick in den Brockhaus hätte die CDU bereits schlau gemacht, um zu wissen, dass Wissenschaft nicht irgendwie gesammeltes Wissen beinhaltet, sondern dass Wissenschaft der "Inbegriff des durch Forschung, Lehre und überlieferter Literatur gebildeten, geordneten und begründeten, für gesichert erachteten Wissens einer Zeit; auch die für seinen Erwerb typische methodisch-systematische Forschungs- und Erkenntnisarbeit sowie ihr organisatorisch-institutioneller Rahmen" ist, deren Hauptziel "die rationale, nachvollziehbare Erkenntnis der Zusammenhänge, Abläufe, Ursachen und Gesetzmäßigkeiten der natürlichen wie der historischen und kulturell geschaffenen Wirklichkeit" ist. (dtv Brockhaus Lexikon in 20 Bänden; 1988)
Universitäten sind Hochschulen, die der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften durch Forschung, Lehre und Studium dienen. Sie haben ein Promotionsrecht, können also für die Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit den akademischen Grad Doktor in einem bestimmten Studienfach verleihen.

Der Namenszusatz "Universitätsstadt" dokumentiere, "dass Witten eine Stadt der Bildung ist", heißt es im Antrag der CDU (CDU, Beschlussvorschlag, 16. September 2011)
Damit, so sollte man meinen, erhebe die CDU einen Anspruch an rationale, nachvollziehbare Erkenntnisse und objektive Darstellung der Zusammenhänge, Abläufe, Ursachen und Folgen ihrer Entscheidungen, zumal wenn sie sich, wie dies bei der geplanten Verlagerung eines großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsbetriebes aus dem Zentrum heraus in das Gerberviertel der Fall ist, auf dem Gebiet der Städteplanung bewegt.
Aber von Wissenschaftlichkeit kann im Zusammenhang mit der geplanten Umsiedlung des Herbeder Edeka-Marktes/Neuansiedlung/Verschiebung des Zentrums in das Gerberviertel/Folgen für das gewachsene Zentrum nun wirklich keine Rede sein.

Der CDU geht es bei dem Namenszusatz auch nicht um Wissenschaftlichkeit oder Bildung, sondern um das Etikett, den Schein. Witten könne dadurch "regionales Marketing betreiben und öffentlichkeitswirksam bereits auf dem Ortseingangsschild sichtbar machen, welche besonderen Charakteristika Witten ausmachen". (CDU, Beschlussvorschlag, 16. September 2011) Wir nennen dies Etikettenschwindel.

Der Antrag wird zwar nicht weiter verfolgt werden, aber nicht, weil eine neue Bescheidenheit bei der CDU-Fraktion eingekehrt ist, sondern weil durch den Namenszusatz auf dem Schild möglicherweise hohen Kosten entstehen könnten. Diese Begründung teilte die CDU-Fraktionsgeschäftsführerin Claudia Gah der Presse am 02.03.2012 mit. (Ruhrnachrichten, 02.03.2012)

Zum Thema lokale, parteipolitische Hybris siehe auch unseren Beitrag:
>>> CDU Herbede bereitet sich auf die Aufhebung des Moratoriums vor

Quellen:
(1) Stadt+Handel: "Überprüfung der einzelhandelsbezogenen Entwicklungszielsetzungen für den Standortbereich Witten-Herbede, 12. September 2011", 12 MB (pdf)

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