Dienstag, 13. März 2012

Politisches Klima in Witten

Gastbeitrag
Die aktuelle Berichterstattung der lokalen Presse sowie auch die Anstrengungen einiger Parteien zum Thema Edeka-Ansiedlung lassen mich spontan an kotzende Pferde vor Apotheken denken. Ist das der freie Journalismus Deutschlands, wenn die WAZ-Redaktion Witten ein angekündigtes Bürgerbegehren – das ist ein demokratisch legitimiertes Bürgerrecht – zu einer Drohung des Bürgerkreises stilisiert, aber kontinuierlich und beharrlich das Aufdecken widersprüchlicher Argumente und Unwahrheiten durch die Gegner einer zentrumsschädlichen Supermarktansiedlung verhindert?

Kann von neutraler Berichterstattung gesprochen werden, wenn sich die Chefredaktion der RN angesichts eines 1000qm großen, freistehenden und keineswegs der Architektur umliegender Gebäude angepassten Einkaufsgebäudes von einem „kleinen Supermarkt“ spricht? Wem wird dort nach dem Mund geschrieben, wenn sich der Redakteurin wider besseren Wissens die Gründe entziehen, warum das Wohl der Meesmannstraße sehr wohl von einer zentrumsschädlichen Ausweitung des Zentrums abhängt?

Ich kann mich an Zeiten erinnern, da haben Journalisten die Bleistifte gespitzt und mit ihren kreativ-literarischen Möglichkeiten ein Festmahl in ihren Zeitungen serviert, wenn sich Politiker offen von Unternehmern oder Konzernen unter Druck setzen ließen und gleichzeitig zeigten, an welcher Körperstelle ihnen die Meinung des Bürgers vorbeigeht. Die viel herbeigeschriebene Unterversorgung hat offensichtlich wohl doch reichlich satt gemacht! Diese Unterwürfigkeit und Anbiederung der Presse beschämt.

Ja, und ich schäme mich auch für die verlogene und selbstsüchtige Art, mit der einige Politiker jetzt einen Zug zum Orientexpress erklären, dessen Fracht bereits in anderen Städten zu Verödung, Geschäftsaufgaben, Arbeitplatz- und Lebensraumverlusten geführt hat. Nur, dass diejenigen, die am Gleis stehen (und versorgt werden sollen?) – die Bürger - nicht einsteigen dürfen.

Einen selten dümmeren Antrag der CDU habe ich selten gelesen: Wenn beispielweise die Angebotspalette Edekas durch eine Sortimentsliste beschränkt werden soll, warum soll denn dann ein größerer Markt ins Gerberviertel, wo doch für das dann zur Verfügung stehende Sortiment der jetzige Laden allemal ausreichen würde – wenn man das will, wohlgemerkt. Die ihnen vorschwebenden, zweispurigen Verkaufsgänge im Generationenmarkt mögen ja reizvoll sein, jedoch nur für diejenigen, die nicht mit Rollatoren, Gehhilfen oder Rollstühlen über eine Wittener Straße müssen, um weiter und länger als bisher einkaufen zu gehen.

Die gleichen, die die bestehende Parkraumsituation als Argument für das Edekacenter anführen waren es, die einen bürgerschaftlich organisierten Parkplatz im Zentrum wieder abgeschafft haben. Lag´ s vielleicht doch an der persönlichen Nähe und Befangenheit der jetzigen Wortführer dieser Parteien? Haben die politischen Kräfte, die jetzt so kriecherisch dem Einkaufsparadies entgegenhecheln und -entscheiden bereits schon wieder vergessen, mit welchem Engagement sich die Herbeder in Workshops, Bürgerforen und -werkstätten eingebracht haben und was nicht nur SPD u. CDU so alles versprochen haben?

Diese und noch eine ganze Reihe mehr Fragen dürfen gerne in Zukunft gefragt und beantwortet werden (müssen!).

Gerald Thorlümke

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