Witten ist in Bezug auf die Finanzmisere ein negativer Sonderfall (siehe „Stärkungspakt“ für Witten – Ursachen, Prognose und Bewertung von Maßnahmen)
Der TVÖD ist ein Flächentarifvertrag. Die Auswirkungen einer Gehalts-/Lohnerhöhung auf die von Tariferhöhungen betroffenen Institutionen ist aber je nach spezifischer Finanzlage sehr unterschiedlich - abhängig von dem zu verteilenden Finanzvolumen. Im Bild: Der Inhalt des Glases kann zunehmen, gleich bleiben oder abnehmen. In Witten wird der Inhalt des Glases – bedingt durch den Stärkungspakt, da die Flucht in die Verschuldung nicht mehr unbegrenzt möglich sein wird – aller Voraussicht nach abnehmen.
Welche Auswirkung wird die Tariferhöhung auf die Finanzlage der Stadt haben?
Belastung durch Tariferhöhungen
Das heißt, das bei jeder zusätzlichen Belastung durch Tariferhöhungen sich der Druck auf die materielle und immaterielle Infrastruktur noch mehr erhöhen wird, als durch den Stärkungspakt bisher eh schon vorgegeben (jährliche kumulative Abbauraten zwischen 5 und 8 Mio. bis 2016 je nach Berechnung des Ausgangsdefizits bisher): Die Kosten der Tariferhöhung von 6,5% würden auf einen jährlichen Anstieg der Abbaurate um ca. 600.576 € bis 2016 hinauslaufen – aber: Laufzeit des Tarifvertrags von einem Jahr nach Forderung von ver.di!). Bei 3,3% (Angebot Arbeitgeber): 304.900 €.Folge: Jedes Prozent Tariferhöhungen vermindert die zur Verfügung stehenden Ausgaben für materielle und immaterielle Infrastruktur (bürgernahe Dienstleistungen). Hinter jedem Prozent verbirgt sich in Witten als pflichtiger Kommune im Stärkungspakt (der Spielraum anderer Kommunen in NRW und der BRD mag größer sein) weniger Geld im Bereich z.B. der Sanierung von Strassen und Schulen, weniger Geld (geldwerter Output) im sozialen und kulturellen Bereich etc. etc. (s. z.B. kulturtragende Vereine/Zuschuss KuFo).
Ablenkungsmanöver Solidarfonds
Das Gezeter über den Solidarfonds führt insofern in die Irre, als die mittlerweile gute Infrastrukturausstattung ostdeutsche Kommunen (auch nicht flächendeckend!) in viel erheblicherem Masse als über den Transfer über die über die Jahre weit geringeren Personalkosten (geringere Gehälter im Osten, immer noch nicht abgeschlossenen Anngleichung) finanziert worden sind. Wie würde die Finanzsituation Wittens aussehen, wenn die Personalkosten sich wie im Osten gestaltet hätten?Um aus der Personalkostenfalle auszubrechen, gäbe es eigentlich nur die Möglichkeit, aus dem Verband kommunaler Arbeitgeber und dem Flächentarifvertrag mit dem Ziel einer tariflichen Sonderregelung für Witten auszuscheren. Das traut sich aber niemand wegen auch des örtlichen Gewichts der Stadtverwaltung (zweitgrößter Betrieb in Witten nach dem Edelstahlwerk).
„Auszehrung“ der Stadt durch ihre Verwaltung
Für die Zukunft heißt das, dass das „Auszehren“ der Stadt durch ihre Verwaltung – mit skurrilen wirtschaftspolitischen Begründungen, s.u. - munter weiter gehen wird. Für uns – die Politik- ergibt sich daraus ein Horrorszenario:- steigende Personalkosten (durch Verwaltungsspitze abgedeckt: „Wir könne ja nicht anders“);
- schmerzliche Entscheidungen (Sparen, Einnahmeerhöhungen z.B. über Steuererhöhungen) werden auf die Politik abgeschoben („Der Rat entscheidet“);
- weitestgehende Einschränkung der Gestaltungssouveränität des Rates.
Kämmerer:
- 1% Tariferhöhung (in Projektion eingerechnet) = 320.000 € (Hinweis: bisher Personalkostendeckelung)/2% = 640.000 €/3% = 960.000/4% = 1.280.000 €/5% = 1.600.000 €/6% = 1.920.000 €/6,5% = 2.080.000 €
- 6,5% Tariferhöhung Angestellte = 1,8 Mio. € ? (Kämmererrechnung RN)
- Übertragung auf Beamte einkalkuliert (Kämmererrechnung) = 2,6 Mio. €
- Übertragung auf Beamte (eigene Rechnung, s.o.) = 2,8 Mio. € (+ Kufo 202.882 €) = 3.002.882 €
AöR KuFo:
KuFo Mehrbelastung Personalkosten durch Tariferhöhung 2012/ca. 81 Stellen (Bezug 1.):
bei 6,5% = 202.882,03 €
bei 3,3% = 103.001,65 €
KuFo Personalkosten (Plan)/Wirtschaftspläne Zum Vergrößern bitte Tabelle anklicken |
Begründungen Zimmer (Personalratsvorsitzender):
- Mitarbeiter haben die Finanzmisere nicht verursacht
- Stadt findet kaum noch neue Mitarbeiter, weil freie Wirtschaft besser bezahlt
- Es müsse konsumiert werden. Mehr Geld erhöhe die Kaufkraft.
Klaus Riepe, 21.3.12
Quelle: RuhrNachrichten, 5.3.12
Abkürzungen:
TVÖD Flächentarifvertrag
KuFo Kulturforum
RN RuhrNachrichten
GPA Personal, Personalkosten
AöR KuFo „Anstalt öffentlichen Rechts“ (das Kulturforum ist in der Betriebsform „Anstalt öffentlichen Rechts“ organisiert)
Weiterführend:
„Stärkungspakt“ für Witten – Ursachen, Prognose und Bewertung von Maßnahmen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen